Modal-Split-Challenge

No pain, no gain!

Die niedersächsische Gemeinde Münsterfurt hat das Modal-Split-Triple geschafft. Zum dritten Mal in Folge ist ihr der nachhaltigste Modal Split in Europa gelungen. Wir haben mit Bürgermeisterin Sieverding gesprochen.

White Octopus: Herzlichen Glückwunsch, Frau Sieverding. Das ist wieder eine tolle Leistung für Münsterfurt. Wie stolz ist Ihre Gemeinde?

Sieverding: Unheimlich stolz [strahlt]. Unsere Gemeinde hat überhaupt erst zum vierten Mal an dem Wettbewerb teilgenommen. Dass wir jetzt dreimal hintereinander gewinnen konnten, ist mega. Nicht zu vergessen: Wir haben dieses Jahr einen neuen Modal-Split-Rekord aufgestellt – und das, obwohl wir viele Neubürger*innen in Münsterfurt haben. Die Siege in den beiden Jahren davor haben zu einem spannenden Wachstum unserer Gemeinde geführt. 

White Octopus: Was ist Ihr Geheimnis? Und wie haben Sie es geschafft, diesen neuen Rekord aufzustellen? 

Sieverding: Unser Geheimnis im ersten Jahr war schlichtweg Anfängerglück. Die Gemeinde hatte Lust auf den Wettbewerb. Im ersten Jahr mussten wir erst einmal das Reglement verstehen
und den Menschen in Münsterfurt erklären, worum es geht. Niemand wusste, was ein Modal Split sein soll. Geschweige denn, dass irgendwer das Ziel verstand, das wir erreichen wollten. In den Jahren danach ging es besser, weil wir uns systematisch vorbereitet und unsere Maßnahmen auf das Reglement hin optimiert haben …

White Octopus: … was auch dieses Jahr wieder die große Kritik an dem Wettbewerb war. Das komplizierte Reglement und die Lücken darin. 

Sieverding: Die Kritik ist nur zum Teil berechtigt. Das Reglement ist im Grunde einfach. Eine Gemeinde zählt alle Wege. Dann wird gewichtet und gerechnet. Ein Weg zu Fuß hat den Faktor 1, ein Weg mit dem Rad hat den Faktor 2. Ein Weg mit dem ÖPNV bekommt einen Faktor von 3. Und ein Weg mit dem eigenen Pkw einen Faktor zwischen 8 und 12. Da kommt es auf die Feinheiten an. Dann gibt es noch Faktoren für Sharing-Angebote, Taxi, Antriebsarten usw. Die Multiplikation aller Wege ergibt einen Score. Und die Gemeinde mit dem geringsten Score gewinnt. Ganz easy eigentlich. 

White Octopus: Kritiker sagen, dass Münsterfurt vom Wind profitiert. Und dass Sie den Wettbewerb verzerren, weil die Gemeinde den künstlichen Berg nochmals erhöht hat. 

Sieverding: Die Regeln sind, wie sie sind. Ich finde es fair, dass es ergänzende Faktoren für windreiche oder bergige Regionen gibt. Ein gegangener oder gefahrener Weg mit dem Rad bei Wind muss mehr zählen als ein Weg ohne Wind. Dass die Windrichtung noch nicht ins Reglement eingearbeitet ist, ist der Technik geschuldet. Wir sind bereit, auch weniger Punkte durch Rückenwind zu bekommen. Aber die Datengrundlage zum Wind muss schon europaweit einheitlich sein. 

White Octopus: Und der Gemeindeberg? 

Sieverding: Sehen Sie, es gibt viele Städte in Küstennähe und in den Bergen, die außergewöhnlich weit vorne liegen. Jeder Höhenmeter muss mehr gelten als ein Meter in der Ebene. Das ist wie mit dem Gegenwind. Wir haben eben einen Berg aufgeschüttet und einen befestigten Weg für Radfahrer und Fußgänger darübergelegt. 

White Octopus: Aber diese künstliche Erhöhung verzerrt den Wettbewerb, sagen die Gemeinden aus Süddeutschland. 

Sieverding: Das kann ich nicht sehen. Wir zwingen ja niemanden, diesen Berg zu nutzen. Jeder kann auch entspannt drumherum oder durch den Tunnel fahren. Aber die Münsterfurter*innen sind eben kompetitiv. Die sehen, wie wir auf die Landkarte gekommen sind. Und: Unser Gemeindeberg ist eine echte Attraktion. Von hier aus hat man einen tollen Ausblick. Bei gutem Wetter bis nach Hannover. 

White Octopus: Was planen Sie für das nächste Jahr? Wie geht es weiter in Münsterfurt?

Sieverding: Wir werden uns darauf konzentrieren, den eigentlichen Gewinn zu pflegen. Wir haben eine Gemeinde, die wieder eine eigene Mitte hat. Die Menschen gehen hier viel. Es gibt hier wieder echtes Leben, die Menschen sehen sich auf der Straße. Das ist viel wert – wir brauchten eben den Ansporn über den Wettbewerb. 

White Octopus: Sehen Sie sich als Vorbild für andere Gemeinden?

Sieverding: Warum denn? Lassen Sie doch die anderen ihr Ding durchziehen. 

White Octopus: Nichts, was Sie gerne anderen Gemeinden auf den Weg geben wollen?

Sieverding: Nö [lacht]. 

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